Es war ein windiger, regnerischer Herbsttag, als der Bentley ankam. Das goldrichtige Wetter also, um ein britisches Auto abzulichten. Der Bentley ist zwar britisch, aber nicht very british, auch wenn das eigentlich egal ist.

Der Motor, ein W12-Biturbo, kommt von VW, zu dem Bentley seit 1998 gehört. Das Automatikgetriebe, der Allradantrieb, die Luftfederung, die Fahrzeug-Elektrik/Elektronik und die Plattform ebenfalls. Und der Designer des GT ist Belgier. Luc Donckerwolke ist mittlerweile bei Hyundai gelandet. Sein Kollege von Audi, Peter Schreyer, ging übrigens ebenfalls nach Korea, nämlich zu Kia. Wir erwarten Großes aus Asien.

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In London hab ich den GT sehr oft gesehen, hier dagegen ist er rar und der GT speed noch viel seltener. Der Unterschied zwischen GT/GT speed liegt in 50 Mehr-PS, was die Höchstgeschwindigkeit um 8 km/h auf 326 km/h peppt. Da ich nie schneller fahre als 300, ist es mir nicht aufgefallen. Dass er um 0,3 Sekunden schneller auf Hundert ist natürlich schon…..

Den Entwurf selbst empfinde ich als distinguished Design, das in gewisser Dezenz das eigentliche Potential des Autos kaschiert. Dieses spezielle Modell, das man bei Auto Told shoppen kann, ist etwas auffälliger, was nicht an der Farbe, sondern an den sehr großen Rädern liegt. In solchen Dimensionen kommen Räder gerne und fast nur in Design-Skizzen vor, weil DesignerInnen wissen, dass sich alles um das Rad dreht.

 

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In der Wirklichkeit dreht sich aber nur das Rad und nicht das Rad um den Wagen oder so, aber abgesehen davon steht bzw. liegt der Schlitten dadurch rein optisch schon recht plastisch auf dem Asphalt.

Das Design des Bentley beruht auf Rundungen, die nur wenige konvexe Buchtungen duldet. Das Luxuscoupé aus Crewe fordert den Fotografen via seiner glatten, konkaven Flächen dezitiert auf, sich genau zu überlegen, was wiedergespiegelt werden soll und was nicht. Die Kulisse spielte demnach eine große Rolle in diesem Shooting. Deshalb ergaben sich drei Orte: Wald, Asphalt und alte Gemäuer. Der herbstliche Wald deshalb, um dem vielen Schwarz des Autos etwas Farbe entgegenzusetzen. Der Asphalt, um ihm nichts entgegenzusetzen. Und die alten Gemäuer entstammen dem 14. Jahrhundert, weshalb sich meine Bedenken, dass genau diese Bilder womöglich kitschig werden könnten, in Grenzen hielten. Vor einer klassizistischen Villa oder einem Schloss wäre zumindest ein Schrammen am Kitsch wahrscheinlicher gewesen. Das Wetter gab aber keinen Anlass, die Kombination Auto/Architektur durch Schönheit zu stören. Der Regen kam ja so waagrecht daher wie die dickköpfige Bewölkung.

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Als Musiker widme ich natürlich einen kurzen Absatz dem Klange: Das Zwölfzylinder-Aggregat läuft extrem ruhig, ein weiches Grummeln, das, wenn aufgezwirbelt, auf fehlzündendes Höllenfeuer macht – hier wird Sprit mit Leidenschaft verbrannt. Und habe ich den Wagen an sich wieder ganz gern zurückgegeben, hätte ich mir am Liebsten das Radio geklaut. Sonore Bässe, brilliante Höhen, wohldefinierte Mitten, ein dreidimensionales Klangerlebnis, irrwitzig gut!

Übrigens ist der Bentley GT gerade in seiner dritten Generation vorgestellt worden.

Danke für Eure Aufmerksamkeit!

Herzlich, Euer Peter

 

 

 

PS.: Hab den Dampfer in strömendem Regen heimgefahren. Keine hundert PS genutzt. Dahingegrummelt, Musik gehört, den Bentley nobel nach dem Strassenverlauf gelenkt. Ein genussvolles Nichts erlebt.

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