Machen wir was? frage ich. Sowieso! sagt Naima. Was wollen wir denn machen? frage ich sie. Fällt uns schon was ein! sagt Naima und ich bring Fummel mit.

Und dann treffen wir einander, ich mit meinem Fotorucksack und Naima mit einer größeren Tasche, die beim Einladen ins Auto etwas scheppert. Was hast Du denn mit? Na Fummel und ein bisserl Geklimper! Naima sucht sich dann vor Ort irgendeinen Platz mit irgendeinem Spiegel, sei es der Badezimmerspiegel, der Rückspiegel oder Schminkspiegel des Autos bzw. ein kleines Aufklappspiegelchen. Und dann beginnt die Metamorphose. Während ich die Gegend sondiere nach brauchbaren Plätzchen, wird anderswo die größere Tasche inhaltlich hierarchisch geräumt: zuerst werden die Kosmetika herausgekramt und mit beeindruckender Souveränität aufgetragen. Dann kommt was in die Haare, Kettchen, Bänder, Reife, Tücher oder Knochen und viele kleine Spangen, von denen ich noch Jahre später immer wieder welche wo finde. Danach folgt noch etwas, das ihren Hals resp. das Dekolleté zu schmücken vermag. Und dann kommt der Fummel.

Naimas textile Sammlung – und nicht wenig davon wurde von Naima selbst entworfen und von eigener Hand genäht – kann es durchaus mit dem Fundus so manchen Theaters aufnehmen. Jedenfalls zaubert sie immer wieder neue Stücke aus der größeren Tasche, die einen doppelten Boden im doppelten Boden haben muss.

Und dann – dann steht sie vor mir: Anders wie immer. Und ich denk mir nur wtf, wie macht man das in der Zeit?

Jetzt geht sie los, die Knipserei und nicht immer sind die Umweltbedingungen ideal. Manchmal ist es sauheiß oder saukalt, manchmal wird Naima planmäßig nass oder bekommt Mehl in die Haare oder Sand oder Fichtennadeln, aber ihr ist das egal. Geht das eh, Naima? Ja eh, wieso? Die Shootings mit Naima fühlen sich weniger nach „Arbeit“ an, stattdessen mehr nach einer konzentrierten Schachpartie……

Naima spielt nicht mit der Kamera, zum Glück. Stattdessen konzentriert sie sich auf den passenden Blick in der passenden Pose in bezug auf ihre Umgebung. Dazu gehören auch Körperhaltungen, die aus anatomischer Sicht ziemlich komplex wirken, aber aus denen sie sich stets aus eigener Kraft rekonstruieren kann.

Wir hatten jetzt schon einige sehr lässige, kreative und amüsante Shootings gemeinsam, weshalb diese kleine Personale schon lang überfällig war. Ganz bewusst hab ich mich bei der Auswahl Bilder hauptsächlich auf Portraits beschränkt, sonst hätte ich noch ein Jahr damit verbracht, aus dem endlosen Pool unserer Bilder zu wählen. Aber anhand der Portraits lässt sich Naimas Wandelbarkeit und Facettenreichtum am Besten dokumentieren.

Mit Naima zu arbeiten ist mir stets ein reichhaltiges Vergnügen, nein, eine Freude. Denn hinter der attraktiven Fassade steckt ein edler Geist, ein Freigeist, des eigenständigen Denkens fähig und in der Lage, das gute Herz damit in Einklang zu bringen. Chapeau!